„Step by step, circle by circle we make the world a bit kinder and more connected“, sagt John Stepper beim Working Out Loud Camp 2019 in Berlin und schaut dabei in eine Runde aus 250 motivierten Menschen im Startup Incubator Berlin. Aber was ist das eigentlich, dieses Working Out Loud, von dem plötzlich alle reden? Und warum soll die Welt überhaupt freundlicher und vernetzter werden? Wer nun denkt, es sei eine neue Methode, sich brusttrommelnd und laut selbst in den Mittelpunkt zu stellen, der liegt komplett falsch. Denn de facto geht es um das genaue Gegenteil.
Sichtbare Arbeit und ein vergrößertes Netzwerk
Möchte man das Konzept in aller Kürze, quasi als To-Go-Rezept für zielgerichtete, erfolgreiche Zusammenarbeit mit an die Hand geben, könnte es folgendermaßen aussehen.
Man nehme:
12 Wochen, 1 Stunde pro Woche, 4-5 Personen, 12 Circle Guides, Motivation, individuelle Ziele und Spaß
Das Ergebnis:
Ein verbessertes und vergrößertes Netzwerk, flexibles, erweitertes Mindset, Großzügigkeit, sichtbare Arbeit, zielorientiertes Vorgehen und das Entdecken neuer Möglichkeiten.
Aber Working Out Loud ist noch viel mehr. Es erleichtert das Wissensmanagement, sorgt, durch Studien belegt, dafür, dass Lernen schneller und leichter gelingt als mit herkömmlichen Methoden, fördert Offenheit, Vertrauen und Wertschätzung und führt zu einer positiven Unternehmenskultur.
Plötzlich können viele Menschen auf die Erfahrungen der Personen des gesamten Unternehmens zurückgreifen, echte Beziehungen aufbauen, durch informelles, selbstbestimmtes Lernen und gegenseitige, nicht an Erwartungen geknüpfte Unterstützung.
Bosch, IBM und Daimler tun es auch!
Hat sich erst einmal ein Circle gefunden, so formuliert jeder sein Ziel und steigt damit in die erste Runde ein. Hier geht es nicht um bahnbrechende Revolutionen, sondern um kleine Schritte, die ein neues Tool zugänglicher, eine Fähigkeit einfacher oder die Umsetzung einer ewig vor sich hergeschobenen Aufgabe greifbarer machen. John Stepper selbst redet immer von „Baby Steps“, wenn er darüber spricht, wie Fortschritt passiert. Denn sind die Schritte, die Vorhaben zu groß, so machen wir vielleicht doch nur einen Schritt vor, um dann zu merken, dass wir nicht weiterkommen. Und geben entmutigt auf. Stattdessen wagen wir Experimente und tasten uns so immer weiter in Richtung Ziel. Motivation statt Frust lautet stattdessen die Devise von WOL.
Eben diese kleinen Schritte einer einzelnen Person können große Schritte für ein Unternehmen bedeuten. Die Wirksamkeit eines Individuums wird so ebenso gestärkt wie die der gesamten Company. Siemens, Bosch, die Bahn, Ikea, Daimler, IBM und viele, viele mehr schwören inzwischen auf John Stepper und sein WOL und wenden die Methode teils schon seit Jahren an.
Einfach mal machen!
Innerhalb der zwölf Wochen werden Beziehungslisten aufgestellt, Fakten über sich selbst gesammelt, berufliche Netzwerke gesponnen und eine Entwicklung angestoßen, die weit darüber hinaus geht. Eine perfekte Mischung aus Praxis und Diskussion. Was genau passiert, sollte jeder für sich selbst ausprobieren.
Aber eines sei versprochen: Es passiert etwas. In meinem Fall führte der erste Circle vordergründig zu einem eigenen Podcast, um dessen Erstellung ich mich zuvor erfolgreich viele Monate herumgewunden hatte. Doch auch mein Netzwerk wurde größer, ich durfte tolle Menschen kennenlernen, mich mit solchen verbinden, die ich vorher noch nicht kannte und Beziehungen zu denen vertiefen, die mir wichtig sind. Und ganz nebenbei ist mein Mindset gewachsen, breiter und offener geworden.
Viele Skills also, die wir alle ziemlich gut gebrauchen können in der heutigen, komplexen Arbeitswelt, die von Unsicherheiten, Unvorhersehbarkeiten, Veränderungen und Digitalisierung geprägt ist und oft als VUCA-Welt bezeichnet wird.
Selbstwirksamkeit und Mut
Das, was Stepper schließlich im Jahr 2015 für alle in einem Buch veröffentlichte, hat eine etwas längere Geschichte. Er beschreibt, wie es ihm selbst 2008 erging, als er, beschäftigt in einer großen Bank, vor einer Restrukturierung stehend durch einen Prozess der Isolation, Abhängigkeit und fehlende Selbstwirksamkeit ging. Er hatte kein tragendes Netzwerk und keine Idee, wie es weitergehen sollte. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, raffte er sich auf, begann Blogartikel in der Firma zu schreiben, die nach und nach immer mehr Kollegen interessierten. Auf Dauer entstanden so mehr Beziehungen, mehr Wissen und mehr Fokus. Motiviert durch seine eigenen Erfahrungen entwickelte er daraus schließlich ein Konzept und fühlte sich von der Idee des „Working Out Loud“, die der IT-Consultant Bryce Williams 2010 in einem Blogbeitrag mit dem Titel „When will we work out loud?“ veröffentlichte und die Formel Working Out Loud = Observable Work + Narrating Your Work“ ins Leben rief, extrem angesprochen.
Veränderung wagen!
Fragt man Menschen, die Working Out Loud ausprobiert haben, so kommen Aussagen wie „Ich wusste plötzlich, dass ich etwas zu geben habe, das nützlich und wertvoll für andere sein kann“ oder „Irgendwie war es so einfach, etwas Neues zu lernen und sich immer wieder gegenseitig zu motivieren!“
Und mal ehrlich, eine Stunde pro Woche bedeutet nicht mal ein Prozent unserer Zeit. Eine verbesserte, transparente und effektivere Zusammenarbeit ist dies doch allemal wert. Und harmoniert perfekt mit den Materna-Werten „Freiraum organisieren“ und „Substanz zählt“.
„Change can come from everyone and everywhere“, sagt Stepper und fügt hinzu: „There’s beauty and power in the attempt to become more of what you are“!
Der erste Circle bei Materna läuft. Bei Fragen stehen wir gern zur Verfügung
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo,
vielen Dank für diesen Artikel! Auf einem Bibliothekartag durfte ich ein Stückchen mit WOL arbeiten, Ihr Text hat die positive Einführung wieder aktiviert. Vielleicht ist das was für nächstes Jahr. Ihrem Circle wünsche ich viel Erfolg.
Besten Dank! Ich kann nur empfehlen, unbedingt mal einen ganzen Circle zu durchlaufen. Wenn Sie weitere Fragen haben, melden Sie sich einfach.