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Was wir aus ITIL4 für das IT-Service-Management lernen

Wer braucht ITIL 4, wenn bereits ITIL V3 in der Organisation als IT-Service-Management-Framework angewendet wird? Wie so häufig im Leben lautet die Antwort „Es kommt drauf an!“

Es kommt auch auf die Frage an, ob für eine Organisation, die bereits ITIL V3 in der Organisation als ITSM Framework anwendet, ITIL 4 relevante Verbesserungen bringt. Und worauf es in Ihrer Organisation hinsichtlich dieser Frage ankommen kann, skizziere ich in diesem Blog-Beitrag.

Eine Frage der zielgerichteten Ausprägung und Umsetzung

In Bezug auf alle Frameworks, die eine Organisation nutzt, gilt das Prinzip „adopt und adapt“, um sie mit Blick auf die strategische Zielsetzung an die eigenen Anforderungen und Bedürfnisse anzupassen. Zudem sollten Sie „Glaubenskriege“ um das „richtige (ITSM) Framework“ (egal ob ITIL, FitSM, VeriSM oder IT4IT) oder die „beste“ XYZ-Methode für die IT-Organisation vermeiden. Die Nutzung der Best Practices wird nur dann zum Erfolg des Service Provider und seiner Kunden beitragen, wenn in der Organisation in ganzheitlicher Ausrichtung eine sinnvolle Anpassung der Best Practice-Inhalte in Anlehnung an die unternehmensindividuellen Gegebenheiten stattfindet. Hierbei geht es um mindestens zwei Aspekte, die ich betonen möchte.

Mit Blick auf das Ziel den Spielraum nutzen

Wichtig ist die sinnvolle, zielgerichtete Ausprägung des Rahmens bzw. der Best Practice-Empfehlungen, die ein ITSM Framework mitbringt. Leider geschieht es in „ITIL-Projekten“ oft, dass jedes (unnötige) Detail krampfhaft berücksichtigt wird. Daher die Forderung, dass das eingesetzte Framework so angepasst wird, dass die Organisation und Mitarbeiter im Sinne der Wertorientierung befähigt werden.

Dabei helfen Ihnen auch die sieben Grundprinzipien von ITIL 4, die oftmals als selbstverständlich angesehen werden. Bei der Einführung und Umsetzung eines IT-Service-Managements sollten Sie sich von den sieben ITIL-Grundprinzipien leiten lassen.

Abbildung 1: Die sieben Grundprinzipien von ITIL 4

Diese Herausforderung, „Ihr eigenes ITSM“ zu etablieren, haben Sie bereits erfolgreich gemeistert? Hervorragend!

Ganzheitlichkeit ist gefragt – oder: Prozesssilos und Insellösungen vermeiden

ITIL 4 bringt eine ganze Reihe „neuer“ methodischer Ansätze und Modelle mit, zu denen mit der Service Value Chain („Service-Wertschöpfungskette“) und ihren sechs zentralen Aktivitäten ein sogenanntes Betriebsmodell zählt. Über die Kombination der Aktivitäten lassen sich die unterschiedlichen Value Streams einer Organisation abbilden – immer mit dem Ziel, der Wertschöpfung der Organisation zu dienen. Es sind die Schlüsselaktivitäten, die benötigt werden, um auf die Nachfrage zu reagieren und über die Erstellung von Produkten und Services einen Mehrwert zu schaffen. Wer hier über den Tellerrand schaut und seinen Service-Konsumenten wertvolle Unterstützung leistet, deren Geschäftsprozesse und -ziele er versteht, hat mehr geschafft als ein bloßes „Business/IT Alignment“, von dem in ITIL V3 die Rede war.

Abbildung 2: Service Value Chain mit den sechs Service-Value-Chain-Aktivitäten

Und hier liegt ein essenzieller Aspekt von ITIL 4: die Kunden- und Wertorientierung, der auch über das erste der sieben ITIL-Grundprinzipien („Wertorientierung“) Rechnung getragen wird. Um diese zu erreichen, ist ein „Big Picture“ notwendig, das nur über ein Zusammenwirken in der Service Value Chain über die relevanten Practices hinweg abgebildet werden kann.

Abbildung 3: Service Value System (SVS) mit seinen Komponenten

Diese Practices umfassen mehr als den bisherigen Prozessgedanken, der in den vorherigen ITIL-Versionen proklamiert wurde. Dafür sorgt das Vier-Dimensionen-Modell, das alle Komponenten des Service Value System prägt:

  • Organizations and people/Organisationen und Menschen
  • Information and technology/Informationen und Technologie
  • Partners and suppliers/Partner und Lieferanten
  • Value streams and processes/Wertströme und Prozesse

Diese Dimensionen stehen in Wechselwirkung zueinander und sollten daher stets im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Darum fordert ITIL eine ganzheitliche (holistische) und ausgewogene Betrachtungs- und Anwendungsweise anstelle einer isolierten Berücksichtigung jedes einzelnen Aspekts.

Wer sich also bereits auf Grundlage der ITIL V3-Veröffentlichungen mit seinen relevanten „Practices“ wie Incident Management, Change Management, Project Management oder Strategy Management intensiv, mit gesundem Menschenverstand, pragmatisch und in organisationsspezifischer Ausprägung auseinandergesetzt und sich dabei mit allen vier Dimensionen beschäftigt hat, ist bereits „ganzheitlich“ unterwegs und hat wahrscheinlich schon sehr vieles von dem umgesetzt, was in ITIL 4 gefordert wird – und letztendlich dem eigenen Geschäftserfolg dienen soll. Auch ITIL 4 darf nicht als Selbstzweck verstanden werden, sondern ist nur ein Baustein, um Ihre Geschäftsstrategie umzusetzen.

Kontinuierliche Verbesserung nutzen und Trends nicht verschlafen

Prüfen Sie die Ansätze und Ideen von ITIL 4 in jedem Fall im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung für Ihre Organisation! Wer sich an den Inhalten von ITIL orientiert, profitiert in hohem Maße davon, dass er das Rad nicht neu erfinden muss und die Erfahrungen anderer für sich nutzen kann.

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Autoreninfo

Nadin Ebel arbeitet als IT-Projektleiterin, Beraterin für ITSM und akkreditierte ITIL-Trainerin. Sie verfügt über langjährige Erfahrungen in ITIL, ISO-20000-Zertifizierung, Rollout-Management, IT-Infrastruktur, Managed Services und Security. Sie hat sich zudem als Fachbuch-Autorin einen Namen gemacht.

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