Der Fachkräftemangel und zunehmend komplexere und dynamischere Anforderungen verlangen nach einer stärkeren Nutzung, Weiterentwicklung und Vernetzung von Expertenwissen. Wie lassen sich die Erfahrungen der Fachexperten schneller für Kunden nutzbar machen und weiterentwickeln? Wir stellen hier unseren Ansatz „Community of Practice“ vor, um die Herausforderungen systematisch anzugehen und damit verbundene Chancen einer agilen Organisation zu nutzen.
Bei Materna gibt es schon seit längerem regelmäßige Austauschformate und -formen, um Expertenwissen zu präsentieren und zu diskutieren, unter anderem das Konzept Community of Practice (CoP). Dieses Kooperationskonzept wurde bereits 1991 durch Jean Lave und Étienne Wenger geprägt. Heute erlangt es durch die stärkere organisatorische Verankerung der Agilität eine immer größere Bedeutung, um Experten-Wissen („Wer wie was“) effektiver nutzen zu können und eine offenere Austauschkultur („Voneinander lernen“) zu fördern. Inzwischen sind Communities als Mittel zur agilen Transformation von Organisationen, z. B. durch das scaled agile framework SAFe, angekommen.
Um im Austausch untereinander die nötige Breite und Tiefe zu erlangen, ist es wichtig, ein klar definiertes Fachgebiet zu finden. Im nächsten Schritt benennt eine Community of Practice ein klares Ziel und konkrete Ergebnisse, damit der Nutzen für die Experten, aber auch für ihre Firma „wertvoll“ bleibt. Um die Hürde nicht zu hoch anzusetzen, kann jede beteiligte Person eigenständig eine Austauschgruppe zu einem Themengebiet („Informelle Community“) starten. Gerade am Anfang ist es hilfreich, dazu ein wenig internes Marketing zu betreiben und aktiv auf bekannte Experten und ihre Kontakte zuzugehen.
Wenn sich das Thema der informellen Community weiterentwickelt, kann sie den nächsten Schritt zu einer „organisierten Community“ tun oder auch ähnliche informelle Communities unter einem Dach zusammenführen. Eine organisierte Community hat klare Ziel- und Rahmenbedingungen für eine effektive Zusammenarbeit. Neben einem Lead und seinem Stellvertreter als Ansprechpartner werden die festen Mitglieder, das Ziel der Community sowie die Art und Frequenz der Treffen gemeinsam in einer Charta festgehalten. Um arbeitsfähig zu bleiben, ist es wichtig, dass die Mitglieder regelmäßig teilnehmen und die Gruppengröße überschaubar bleibt. Wenn das Thema und die Gruppe größer werden, sollte eine Neuaufteilung auf spezifische Unter-Communities erfolgen.
Damit eine organisierte Community auch dauerhaft lebendig bleibt, wird jährlich überprüft, wie der „Gesundheitszustand“ dieser ist. So kann es wichtig sein, den Ansprechpartner der regelmäßig zu wechseln, um neue und andere Impulse zu setzen. Auch kann es sinnvoll sein, eine organisierte Community wieder als informelle Gruppe weiterzuführen, wenn die eigenen Themen genügend behandelt wurden oder die Anzahl und die Beteiligung der Mitglieder abgenommen hat. Ein zentraler Ansprechpartner für alle Communities kann diesen Transformationsprozess als externer Coach und Moderator in beide Richtungen (hin und zurück) begleiten. Neben verschiedenen Retroperspektiven hat sich zur Unterstützung dieses Prozesses die LEGO® Serious Play® (kurz: LSP) Methode bewährt.
Eine geeignete Austauschplattform erleichtert die Vernetzung und Auffindbarkeit von Experten und ermöglicht eine asynchrone Arbeitsweise remote zwischen den persönlichen Treffen. Neben dem enormen Zuwachs an praxisorientierten Lösungen, Ideen und Angeboten für die Organisation sind Communities ebenso attraktiv für die beteiligten Experten, um sich jenseits von Hierarchien einfach auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsam besser zu werden.
Im Gegensatz zu reinen Diskussionsgruppen steht bei der Community of Practice das gezielte Teilen von Wissen und Erfahrungen im Vordergrund. Daher ist sie ein wichtiger Baustein bei der agilen Transformation der Organisation hin zu mehr Beteiligung und Begegnung auf Augenhöhe.
Links:
Introduction to communities of practice: A brief overview of the concept and its uses