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Leichte Sprache

Leichte Sprache weiterdenken – Digitale Teilhabe für alle

Leichte Sprache als ein wesentlicher Bestandteil der Barrierefreiheit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben betrifft der Einsatz von Leichter Sprache sowohl Behörden als auch Unternehmen. Wir geben einen Überblick und beleuchten die Chancen und Herausforderungen im IT-Umfeld.

Maria ist erst seit kurzer Zeit in Deutschland. Sie lernt bereits Deutsch und möchte sich für einen Job bewerben.
Lisa hat eine geistige Behinderung. Da ihr Personalausweis bald abläuft, muss sie einen neuen beantragen.

Bei den oben genannten Szenarien handelt es sich um typische Alltagssituationen. Was haben Lisa und Maria gemeinsam? Für beide ist es schwierig, Texte, die in standardsprachlichem Deutsch verfasst sind, zu verstehen. Dies erschwert nicht nur den Zugang zu Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung, sondern auch die gesellschaftliche Partizipation und das autonome Handeln. Betroffene fühlen sich ausgeschlossen, die Alltagsbewältigung wird erschwert.

Die Zielgruppe von Leichter Sprache ist breit gefächert. Damit sind gemeint:

  • Menschen mit Problemen beim Lesen und Schreiben
  • Menschen mit geistiger Behinderung
  • Menschen mit körperlicher Behinderung wie z. B. einer Sehschwäche
  • Aphasie- und Demenzkranke
  • Menschen, die Deutsch lernen

Regeln für Leichte Sprache

Um mehr Barrierefreiheit und Verständlichkeit zu erzielen, werden in der Leichten Sprache eine Vielzahl an Sprachregeln befolgt, u. a. kurze Sätze, nur eine Aussage pro Satz, Aktiv statt Passiv, konkrete statt abstrakter Begriffe, die Vermeidung des Genitivs. Außerdem sollen für Dokumente in Leichter Sprache verschiedene Layout-Regeln beachtet werden, die eine bessere Lesbarkeit ermöglichen.

Der Einsatz von Leichter Sprache ist auf Bundesebene durch das Behindertengleichstellungsgesetz und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) geregelt. Öffentliche Stellen sollen allen Menschen eine barrierefreie Kommunikation ermöglichen. Daran angelehnt haben die Länder eigene, länderspezifische Gleichstellungsgesetze erlassen.

Auch für Unternehmen besteht Handlungsbedarf – für sie besteht ab 2025 die Pflicht, Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten. Dies ist gesetzlich im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verankert. Konkret besagt das Gesetz, dass bestimmte Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden und bestimmte Dienstleistungen, die für Verbraucher ab dem 28. Juni 2025 erbracht werden, barrierefrei sein müssen.

Durch die Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit sollen digitale Angebote auch für Menschen mit auditiven, visuellen, kognitiven sowie temporären Einschränkungen nutzbar gemacht werden. Während etwa die Screenreader-Tauglichkeit eine Anwendung auch für Menschen mit Sehbehinderungen bedienbar macht, stellt neben der Gebärdensprache auch die Leichte Sprache ein wichtiges Werkzeug für den Abbau sprachlicher Barrieren dar. Sowohl digitale Barrierefreiheit im Allgemeinen als auch die Leichte Sprache im Speziellen werden durch Experten-Teams bei Materna abgedeckt. Der Fokus im heutigen Blogartikel liegt auf der Leichten Sprache.

Leichte Sprache in der Materna-Redaktion

In der Materna-Redaktion für Kundenprojekte ist das Thema Leichte Sprache bereits fest verankert.  Wir sind darin geschult, Übersetzungen von Standardsprache in Leichte Sprache anzufertigen. Während der Fokus unserer Online-Redakteure auf der Übersetzung von Website-Inhalten liegt, ist unser Chatbot-Redaktionsteam besonders für die barrierefreie Kommunikation in Chatbots sensibilisiert. Das Regelwerk für Leichte Sprache war für mich als Journalist zunächst ungewohnt, schließlich widerspricht es gänzlich meinem gewohntem Schreibstil und dem Streben nach der „schönen Sprache“. So wirkt auch der Verzicht auf den Genitiv sowie Negationen zunächst befremdlich. Inzwischen sehe ich die Leichte-Sprache-Übersetzung aber als spannende Herausforderung – es gilt, redaktionell umzudenken.

Ob Standardsprache oder Leichte Sprache – als Teamleiter der Materna-Redaktion für Kundenprojekte habe ich einen hohen Qualitätsanspruch an unsere redaktionelle Arbeit. Um eine größtmögliche Qualität der Übersetzung zu gewährleisten, sollten die Texte stets durch Prüfer aus der Zielgruppe gegengelesen werden. Sie prüfen den übersetzten Text und weisen ggf. auf Stellen hin, die noch nicht gut verständlich sind und angepasst werden müssen. Auch für das Testing von Chatbots in Leichter Sprache empfiehlt sich die Einbindung von Prüfern aus der Zielgruppe.

Chancen und Herausforderungen von Chatbots in Leichter Sprache

Insbesondere im Chatbot-Umfeld wird das Potenzial von Leichter Sprache meines Erachtens noch nicht genügend genutzt, mitunter fehlt auch das Bewusstsein für dieses Thema. Wir empfehlen, für jedes Projekt und jeden Use Case individuell abzuwägen, ob parallel zum standardsprachlichen Chatbot auch der Einsatz eines Bots in Leichter Sprache sinnvoll ist.

Durch den Einsatz eines Chatbots in Leichter Sprache können Standardanfragen automatisiert abgefangen und zielgruppengerecht beantwortet werden, was Mitarbeitende entlasten kann. Zugleich können aus den Themenschwerpunkten der gestellten Fragen wichtige Erkenntnisse für die weitere Optimierung des digitalen Informationsangebots gezogen werden. Neben dem rein textuellen Aspekt ergeben sich bei der Gestaltung eines Leichte-Sprache-Chatbots weitere Herausforderungen, die bei der Chatbot-Konzeption und -Planung berücksichtigt werden sollten.

Zunächst gilt es, herauszuarbeiten, welche Inhalte tatsächlich für die Zielgruppe relevant sind. Nur in den wenigsten Fällen bietet es sich an, den standardsprachlichen Bot komplett in Leichte Sprache zu übertragen. Vielmehr sollte identifiziert werden, welche Informationstiefe tatsächlich sinnvoll für die Zielgruppe ist. Meist lässt sich ein Großteil der typischen Nutzeranliegen bereits mit nur wenigen Dialogknoten abdecken. Ebenso sollte Wert auf eine möglichst einfache Dialoglogik gelegt werden, die mit nur wenigen Dialogschritten und Sprüngen auskommt.

Im Rahmen der technischen Möglichkeiten sollten die Regeln für eine leicht lesbare Gestaltung auch im Chatbot so weit wie möglich befolgt werden. Dies betrifft etwa die Schriftart, den Kontrast und den Zeilenabstand. Ebenso wird empfohlen, jeden Satz in einer neuen Zeile zu beginnen und diesen linksbündig auszurichten. Der textuelle Inhalt kann durch Abbildungen veranschaulicht werden, die neben dem jeweiligen Text stehen. Wichtig hierbei: Bild und Text müssen kongruent sein.

Fazit

Die Leichte Sprache ist ein wichtiges Mittel zum Abbau sprachlicher Barrieren. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben werden nicht nur Behörden, sondern künftig auch Unternehmen in die Pflicht genommen, Leichte Sprache zu verwenden. Beim Einsatz von Leichter Sprache sollte ein ganzheitlicher Ansatz gewählt werden, bei dem die digitalen Informationsangebote aufeinander abgestimmt sind. Durch die Implementierung eines Leichte-Sprache-Chatbots kann die digitale Teilhabe gestärkt und um eine interaktive Komponente ergänzt werden.

Benötigen Sie Unterstützung beim Einsatz von Leichter Sprache in Ihrer digitalen Kommunikation? Sprechen Sie uns an.

Alle Informationen zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) finden Sie hier.

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Autoreninfo

Josef Humbert ist Teamleiter der Materna Onlineredaktion im Geschäftsbereich Digital Transformation. Der Journalist beschäftigt sich seit über 20 Jahren u.a. mit der Weiterentwicklung des redaktionellen Angebots, z.B. mit Content-Management, Projekt-Management, Social Media und Chatbots.

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